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Pflege - Kontrakturprophylaxe

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1. Vorwort / Definition
2. Ziele
3. Risikofaktoren / Ursachen
4. Symptome
5. Risiko- und Gefährdungsbeurteilung
6. Maßnahmen
7. Wissenschaftliche Einschätzung
8. Beratung


 

1. Vorwort / Definition

Kontrakturen sind dauerhafte Beweglichkeitseinschränkungen von Gelenken, die daraufhin in unphysiologisch gebeugten oder gestreckten Positionen verharren. Es werden verschiedene Formen von Kontrakturen unterschieden:

  • Beugekontrakturen: Gelenkversteifung in Beugestellung
  • Streckkontrakturen: Gelenkversteifung in Streckstellung
  • Abduktionskontrakturen: Versteifung eines Körperteils vom Körper weg
  • Adduktionskontrakturen: Versteifung eines Körperteils zum Körper hin
  • Spitzfußstellung: Feststehende Beugung des Fußes

 

2. Ziele

  • Bei allen Bewohner*innen ist das individuelle Kontrakturrisiko bei Heimeinzug erfasst.
  • Bei allen Bewohner*innen ist die individuelle Gefährdung ermittelt.
  • Alle Bewohner*innen mit erhöhtem Kontrakturrisiko sind umfassend beraten.
  • Bei allen Bewohner*innen mit erhöhtem Kontrakturrisiko sind individuelle prophylaktische Maßnahmen geplant und umgesetzt.
  • Die Beweglichkeit der betroffenen Gelenke ist erhalten und/oder gefördert.
  • bei allen Bewohner*innen ist eine gezielte Bewegungsförderung geplant und umgesetzt.

 

3. Risikofaktoren / Ursachen

  • unflexibles Narbengewebe oberhalb eines Gelenkes
  • Degeneration des Muskelgewebes, etwa in Folge einer Entzündung, Immobilität oder eines Unfalls
  • Verwachsungen der Gelenkflächen, Schrumpfung der Gelenkkapseln
  • neuronale Ursachen wie Multiple Sklerose oder Rückenmarksverletzungen

Das Risiko eine Kontraktur zu entwickeln haben alle Bewohner*innen, die über eine längere Zeit ein Gelenk oder mehrere Gelenke in einer konstant physiologischen Stellung halten bzw. halten müssen. Risikofaktoren können sein:

  • Bewegungsdefizite etwa in Folge von Bettlägerigkeit
  • Nicht ausreichende Motivation, sich zu bewegen
  • Querschnittslähmung/Lähmung einzelner Extremitäten
  • Hemiplegie
  • Ruhigstellung
  • Großflächige Narben
  • Schlecht verheilte Frakturen
  • Falsche Gewohnheitshaltungen (krummer Rücken)
  • Fixierung von Gelenken (etwa bei Autoaggressionen)
  • Falsche Lagerung bei Bettlägerigkeit, vor allem auf besonders weichen Matratzen
  • Geschädigte Gelenke, etwa nach einem Sturz

 

4. Symptome

Folgende Symptome, können auf eine beginnende oder fortschreitende Kontraktur hindeuten:

  • Zwangs- oder Schonhaltungen
  • Schmerzen/Schmerzäußerungen
  • Bewegungseinschränkungen
  • unharmonische Bewegungsabläufe
  • verminderte Lebensfreude

 

5. Risiko- und Gefährdungsbeurteilung

Das Risiko einer andauernden Bewegungseinschränkung wird zu Beginn des pflegerischen Auftrages und bei veränderten pflegerischen Situationen erhoben. Dies wird durch eine Pflegefachkraft anhand der Risikofaktoren und Diagnosen ermittelt.

In der Pflegeprozessplanung wird beschrieben welche Bewegungsfähigkeiten für die Lebensqualität des Bewohners eine wichtige Rolle spielen. Ein individuelles Bewegungsprofil wird ermittelt und beschrieben.

Die individuelle Gefährdung leitet sich daraus ab, ob ein Risiko erkannt wurde.
Welche prophylaktischen Maßnahmen geplant und umgesetzt werden, hängt von folgenden Kriterien ab:

  1. Der benannten oder eingeschätzten Lebensqualität/Bedürfnisse  des Bewohners
  2. Nach pflegerisch notwendigen Interventionen
  3. Nach medizinisch notwendigen Interventionen

 

6. Maßnahmen

Aufgrund der Beschreibungen der Bewegungsfähigkeiten und Einschränkungen werden im Bereich Betreuung und Pflege alle notwendigen Maßnahmen geplant.
Hier ist zu erfassen welche externen Anwendungen ein Bewohner erhält (z.B. Physiotherapie). Alle notwendigen pflegerischen Maßnahmen werden in der Pflegekarte/ Maßnahmenplan beschrieben.

Die Wichtigsten Maßnahmen sind:

  • Förderung und Erhalt der Mobilität
  • Aktivierende Pflege
  • Lagerungen in Neutralstellung (Lin)

LiN

Link zu LiN 1

Link zu LiN 2

LiN – Lagerung in Neutralstellung ist eine therapeutisch funktionelle Lagerung auf neurophysiologischer Basis.

Die Grundidee des Konzeptes ist, dass die Körperabschnitte möglichst in eine neutrale Position, d.h. weder gebeugt noch gestreckt, weder abgespreizt noch gekreuzt, weder nach innen- noch nach außen rotiert, positioniert werden.

Zwischen Körper und Lagerungsfläche sollten Hohlräume vermieden werden. Dies wird durch das Anmodellieren des Lagerungsmaterials an den Körper durch Steppdecken, Kissen, Fleecedecken… erreicht. 

"Der Körper passt sich nicht mehr an die Unterlage an, sondern die Unterlage wird individuell dem Körper angepasst."2

Vorteile der LiN-Lagerung

  • Überdehnungen & Verkürzungen von Muskeln werden vermieden
  • Gelenke sind in einer möglichst neutralen Stellung
  • Bestehende starke Einschränkungen der Körperabschnitte (z.B. Lähmungen, Kontrakturen)werden optimal unterstützt
  • Die Unterlage/das Lagerungsmaterial wird den individuellen Körperkonturen angepasst
  • Hohlräume werden vermieden

Ziele der LiN-Lagerung

Es gibt bereits einige Studien, welche belegen können, dass durch LiN die Beweglichkeit verbessert werden kann. Außerdem wird durch die Positionierungstechnik der Auflagedruck reduziert, sodass sich diese Art der Positionierung auch zur Dekubitusprophylaxe eignet.

Andere positive Auswirkung der Lagerung in Neutralstellung, welche jedoch nicht evidenzbasiert sind:

  • Erleichtert Eigenaktivität
  • Fühlt sich sicher an
  • Reduziert positionierungsbedingte Schmerzen
  • Kann die Kontrakturenprophylaxe unterstützen

 

LiN

Bilder: Darstellung „normale“ Positionierung und Lagerung in Neutralstellung zum Vergleich

 

7. Wissenschaftliche Darstellung

In Standardlehrbüchern der Kranken- und Altenpflege werden Ausführungen zur Kontrakturprophylaxe oft nur unkonkret und vage formuliert. Mögliche Kontraindikationen werden meist nicht ausreichend dargestellt. Siegfried Huhn, u.a. Gesundheitswissenschaftler, Autor und Dozent im Bereich Pflegewissenschaften, hat 2011 mittels Datenbankrecherche eine kritische Bewertung und teilweise Neubewertung der bisherigen Vorgehensweise vorgenommen.

Als Erkenntnis aus seinen Studien konnte er ziehen, dass es keinen Hinweis dafür gibt, dass die in der Literatur beschriebenen und in der Praxis umgesetzten Interventionen eine gesicherte Kontrakturprophylaxe darstellen. Es gibt keine wissenschaftliche Grundlage für die am häufigsten beschriebenen Methoden zur Kontrakturprophylaxe. Die vorliegenden Ergebnisse der heutigen Studienlage zeigten häufig keine bis mäßig positive Wirkung. Es sei sogar so, dass für viele bisher praktizierte Interventionen nicht nur keine Positivwirkung nachgewiesen werden könne, sondern dass vielmehr auch eine große Anzahl an Kontraindikationen existierten.

Das gälte vor allem für Dehnübungen und das passive Durchbewegen von Gelenken, welche immer noch sehr häufig in der Praxis angewendet werden.

Von ihrer Anwendung könne ohne vorherige fachspezifische Abklärung nur abgeraten werden!

Auch für das aktive Durchbewegen der Gelenke und die sogenannte Lagerung in Mittelstellung konnte keine ausreichende positive Wirkung nachgewiesen werden.

Priorität zur Kontrakturprophylaxe solle nach Hahn die Mobilitätsförderung haben. Allerdings müsse dieser Begriff richtig definiert werden, da allzu häufig darunter lediglich ein Ortswechsel vom Liegen ins Sitzen verstanden werde. Langes Sitzen ohne Positionsveränderung erhöhe jedoch das Kontrakturrisiko im Vergleich zum Liegen wieder deutlich. Auch hier werden konkrete Anleitungen benötigt, wie die Ausführung einer Mobilisation erfolgen soll, damit sie einen positiven Effekt hat.

Link Einschätzung Pflegefachschule Hannover

8. Beratung

Die Beratung der Bewohner und deren Angehöriger ist eine pflegefachliche Aufgabe und stellt eine zentrale Aufgabe dar. Für jeden Bewohner ist in der Pflegeprozessplanung zu beschreiben, wann und mit welchen Personen eine Beratung stattgefunden hat.

 

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