1. Vorwort
2. Definition
3. Ziele
4. Risikofaktoren
5. Risikobereiche
6. Maßnahmen
7. Assessment Braden Skala und Bewegungsplan
7.1. Erhebung
7.2. Analyse / Bewertung
7.3. Maßnahmenplanung / Umsetzung
7.4. Informationsweitergabe
8. Prozess
9. Allgemeine pflegerische Hinweise
10. Dokumentation
1. Vorwort
Im Juni 2017 hat das Deutsche Netzwerk für Qualitätsentwicklung (DNQP) die überarbeitete Version des Expertenstandard „Dekubitus Prophylaxe in der Pflege“ herausgegeben. Mit dem vorliegenden Standard haben wir, im Altenheim Friedrichsburg, diesen Standard an die Gegebenheiten der Einrichtung angepasst.
Um einen Dekubitus vorbeugen zu können, muss individuell für jeden Bewohner das Dekubitusrisiko durch eine Pflegefachkraft eingeschätzt werden. Auf Grundlage des Assessment plant und steuert die zuständige Beziehungspflegefachkraft alle notwendigen Maßnahmen.
Die Pflegefachkraft muss folgende Kompetenzen besitzen um die notwendigen prophylaktischen Maßnahmen umsetzen zu können:
- sie besitzt aktuelles Wissen über eine Dekubitus Entstehung
- sie kann ein Dekubitus Risiko fachgerecht einschätzen
- sie beherrscht Bewegungs-, Lagerungs- und Transfertechniken
- sie kennt geeignete Hilfsmittel und kann diese fachgerecht einsetzen
- sie kann die Effektivität prophylaktischer Maßnahmen bewerten
- sie kann Bewohner und Angehörige qualifiziert informieren und beraten
2. Definition
Ein Dekubitus (Druckgeschwür) ist eine lokal begrenzte Schädigung der Haut und/oder des darunter liegenden Gewebes (üblicherweise über Knochenvorsprüngen), infolge von Druck oder Druck in Verbindung mit Scherkräften.
Es gibt eine Reihe weiterer Faktoren, welche tatsächlich oder mutmaßlich mit Dekubitus assoziiert sind; deren Bedeutung aber noch zu klären sind (National Pressure Ulcer Advisory Panel, NPUAP).
In den internationalen Leitlinien des NPUAP wird Dekubitus wie folgt klassifiziert:
- Kategorie/Stufe/Grad I : nicht wegdrückbare Rötung
- Kategorie/Stufe/Grad II Teilverlust der Haut
- Kategorie/Stufe/Grad III Verlust der Haut
- Kategorie/Stufe/Grad IV Vollständiger Haut oder Gewebeverlust
3. Ziele
- Der Bewohner und seine Angehörigen sind über die bestehende Dekubitusgefährdung informiert und beraten.
- Der Bewohner ist in seiner Mobilität gefördert.
- Der Bewohner verfügt über eine intakte Haut.
- Alle an der Versorgung Beteiligten sind über die Gefährdung des Bewohners informiert.
- Ein entstehender Auflagedruck ist verteilt und gemindert.
- Gefährdete Körperpartien sind bekannt und regelmäßig druckentlastet.
- Die Blutzirkulation der Haut an den gefährdeten Körperstellen ist gefördert.
- Mögliche Druck- und Scherkräfte sind identifiziert und auf ein Minimum reduziert.
4. Risikofaktoren
Je stärker eine Person auf pflegerische Unterstützung angewiesen ist bzw. je stärker ihre gesundheitliche Einschränkung ist, desto höher ist das individuelle Dekubitusrisiko einzuschätzen.
- biologische Faktoren
- Lebensalter
- reduzierte Körperkraft
- Exsikose, Gewicht (Kachexie, Adipositas)
- Sensibilisierungsstörung etc.
- latrogene Faktoren (unerwünschte gesundheitliche Folgen einer ärztlichen Behandlung)
- Medikamente, Sedativa, Katheter, Sonden, schlecht sitzende Hilfsmittel, etc.
5. Risikobereiche:
Am häufigsten treten Druckgeschwüre in der Steißregion, an den großen Rollhügeln (Trochanter) und an den Fersen auf. Aber auch die Ohren, der Hinterkopf, Schulterblätter und Zehen können betroffen sein.
6. Maßnahmen
- Beratung des Bewohners und seiner Angehörigen mittels Informationsanschreiben. Die Inhalte werden in der Pflegeprozessplanung erfasst.
- Umgang mit Informationsanschreiben:
- das Informationsanschreiben wird nur nach persönlichem Kontakt ausgegeben
- das Informationsanschreiben wird nur nach erfolgter Risikobewertung ausgegeben
- die Ausgabe wird im Pflegebericht vermerkt.
- nach spätestens vier Wochen erfolgt durch die Beziehungspflegefachkraft ein erneuter persönlicher Kontakt zu den Angehörigen
- schriftliche Informationsweitergabe an alle Versorgungsbeteiligten extern (Krankengymnastik, Physiotherapeuten, etc.)
- Hautbeobachtung und Hautpflege
- Durchblutungsfördernde Maßnahmen
- Förderung und Erhalt der Mobilität
- Einsatz von Hilfsmitteln zur Druckentlastung (z.B. Kissen, Matratzen, Kubiventkissen, Gelkissen, etc.)
- individuelle Lagerungen mit Einsatz von Lagerungshilfen (Verweis Standard Lagerungen)
Ein Dekubitus im Anfangsstadium ist meist durch eine Rötung der Haut zu erkennen. Nicht jede Hautrötung ist jedoch ein Zeichen für eine Schädigung. Da sich auch gesunde Haut zum Beispiel bei Wärme oder durch Sitzen auf dem Duschrollstuhl rötet, kann man durch den so genannten Fingerdrucktest prüfen, ob es sich um eine normale Rötung oder um einen beginnenden Dekubitus handelt:
Durchführung Fingerdrucktest
- Mit dem Zeigefinger wird 2 Sekunden auf einen geröteten Hautbereich gedrückt.
- Direkt nachdem der Finger wieder weggenommen wird, betrachtet man die Haut.
- Ergebnis A: die Haut ist am Punkt des Fingerdrucks weiß verfärbt = kein Dekubitus, natürliche Rötung
- Ergebnis B: die Haut bleibt rot = ein Dekubitus Stufe 1 liegt vor!
Im Bewegungsplan wird der Fingerdrucktest dokumentiert. Dies erfolgt differenziert laut Legende des Bewegungsplanes.
7. Assessment Braden Skala und Bewegungsplan
Im aktuellen Expertenstandard wird der fachlichen Einschätzung einer Pflegefachkraft eines vorliegenden Dekubitusrisikos einen hohen Stellenwert eingeräumt.
Die bekannten Skalen werden ausschließlich als Hilfsmittel benannt. Zu den inhaltlichen Punkten der Bradenskala benennt der Expertenstandard die Bereiche Ernährung und Feuchtigkeit als nicht relevant zur Entstehung eines Dekubitus, daher bilden sie keine Grundlage für ein Assessment. Um die neuesten Erkenntnisse umsetzen zu können, haben wir, angelehnt an die Bradenskala, unser Assessment weiterentwickelt. Die Einschätzung eines Dekubitusrisikos im Altenheim Friedrichsburg erfolgt über vier Schritte.
7.1. Erhebung
- Die Pflegefachkraft erhebt ein potenzielles Risiko zur Entstehung eines Dekubitus anhand der Risikobereiche Aktivität, Mobilität, sensorisches Empfinden, Reibung und Scherkräfte und situativ bedingte Dekubitusgefahr.
- AHF:
- Das Risiko wird im Verhalten und Erleben in der Pflegdokumentation beschrieben.
- EMH:
- Das Risiko wird in der SIS erfasst.
- Die Pflegekraft beschreibt einen möglichen Ausschluss eines Risikos.
7.2. Analyse / Bewertung
- Die Pflegefachkraft analysiert das Risiko und beschreibt dieses in der Pflegeprozessdokumentation.
- Sie nutzt dazu die Analysehilfe aus der „Bradenskala“ und eigene freie Formulierungen.
- Die Beschreibungen beziehen sich auf die Risikobereiche und sind diesen deutlich zugeordnet.
- AHF:
- Das Risiko wird im Verhalten und Erleben der Pflegeprozessplanung beschrieben. Die Mobilitätsbeschreibung aus anderen möglichen Zusammenhängen (Sturzprophylaxe) ist ggf. zu erweitern.
7.3. Maßnahmenplanung / Umsetzung
- Die Pflegefachkraft plant die notwendigen prophylaktischen Maßnahmen und beschreibt diese im Maßnahmenplan
- Die Maßnahmen werden anhand des eingeschätzten Risikos nach den Risikobereichen geplant.
- Notwendige Maßnahmen, die auf Grund von Besonderheiten wie z. B. Bewohnerbedürfnissen nicht umgesetzt werden können, sind in der Pflegeprozessdokumentation zu beschreiben.
7.4. Informationsweitergabe
- die Pflegefachkraft beschreibt in der Pflegeprozessdokumentation welcher Personenkreis informiert wird.
Dekubitusgefahr / Bereiche: |
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1. Erhebung und Analyse |
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Aktivität |
bettlägerig |
sitzt auf |
geht wenig |
geht regelmäßig |
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Mobilität |
komplett immobil |
Mobilität stark eingeschränkt |
Mobilität gering |
mobil |
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Sensorisches Empfinden |
fehlt |
stark eingeschränkt |
leicht eingeschränkt |
vorhanden |
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oder
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oder
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Beschwerden können aber nicht immer ausgedrückt werden, (z.B. dass die Position geändert werden soll)
oder
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oder
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Reibung und Scherkräfte |
Problem
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Potentielles Problem
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Kein Problem zur Zeit
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Situativ bedingte Dekubitusgefahr |
Die Beziehungspflegefachkraft erhebt eine fachliche Einschätzung. Hier werden individuelle Wünsche und Bedürfnisse, Ablehnung notwendiger Maßnahmen, Ausschlüsse und die Erfassung spezifischer Gefährdungen berücksichtigt. |
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2. Maßnahmen / Mögliche Planung |
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Aktivität |
bettlägerig
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Sitzt auf
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Geht wenig
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Geht regelmäßig
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Mobilität |
Komplett immobil
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Mobilität stark eingeschränkt
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Mobilität leicht eingeschränkt
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Mobil |
Sensorisches Empfinden |
Fehlt
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Stark eingeschränkt
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Leicht eingeschränkt
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Vorhanden |
Reibung und Scherkräfte |
Problem
|
Potentielles Problem
|
Kein Problem zur Zeit
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Situativ bedingte Dekubitusgefahr |
Die Beziehungspflegefachkraft erhebt eine fachliche Einschätzung. Hier werden individuelle Wünsche und Bedürfnisse, Ablehnung notwendiger Maßnahmen, Ausschlüsse und die Erfassung spezifischer Gefährdungen berücksichtigt. |
8. Prozessablauf
9. Allgemeine pflegerische Hinweise
- Die Erhaltung einer intakten Haut und die Förderung einer guten Durchblutung der Haut sind wichtig. Die Körperpflege erfolgt mit PH-neutralen Waschzusätzen, sorgfältiges Trocknen der Haut, besonders Sorgfalt gilt den Hautfalten.
- Bei der Hautpflege sind folgende Punkte zu vermeiden:
- Einreibungen mit desinfizierenden und austrocknenden Waschzusätzen
- Verwendung von Puder, Verwendung von Salben und Pasten die die Haut verschließen
- Verwendung von gerbenden Substanzen
- zusätzliche Hautbelastung durch Feuchtigkeit
- Falten in der Bettwäsche
- die Haut durch Zerren oder andere belastenden Bewegung auch in tiefere Schichten, zu belasten
- So wenig Lagerungshilfsmittel wie möglich, aber so viel wie nötig. Können Mobilität hemmen
- auf Schmerzäußerungen muss immer geachtet werden.
10. Dokumentation:
Individuelle Maßnahmen werden in die Pflegeprozessplanung integriert und aktuelle Beobachtungen und Veränderungen im Pflegebericht erfasst..