1. Definition
2. Ziele
3. Mögliche Komplikationen
4. Grundsätze
5. Vorbereitung
6. Durchführung
7. Nachbereitung
8. Dokumentation
1. Definition
In diesem Standard wird unter dem Begriff „orales Absaugen“ das Einführen eines Absaug-Katheters in die oberen Luftwege verstanden. Es wird nicht das Endotracheale Absaugen beschrieben. Mit steigender Pflegebedürftigkeit kommt es vermehrt dazu, dass Bewohner nicht mehr in der Lage sind, selbständig abzuhusten und somit ihre Luftwege vom Sekret zu befreien. Schluckstörungen nehmen zu und damit verbunden das Aspirationsrisiko (das Einatmen von Flüssigkeit oder fester Nahrung). In diesen Situationen kann es notwendig sein, den Bewohner mittels Absauggerät vom überschüssigen Sekret zu befreien. Das „orale Absaugen“ wird durch eine Pflegefachkraft durchgeführt.
Das Absaugen ist eine große Belastung für den Bewohner, da der Katheter die Atmung behindert. Viele Senioren leiden während des Absaugens unter Würgereiz, Atemnot sowie der Angst zu ersticken. Möglich ist auch eine verlangsamte Herztätigkeit (Bradykardie).
2. Ziele
- Der Bewohner soll den Sinn und Zweck des Absaugens verstehen und dieser Maßnahme zustimmen. Bewohner mit einer dementiellen Veränderung, die stark fortgeschritten ist, werden nur mit Einzelfall-Entscheidungen abgesaugt.
- Der Bewohner ist in der Lage, ruhig und entspannt zu atmen.
- Beim Absaugen kommt es zu keinen Verletzungen.
- Das Absaugen wird schonend und in möglichst kurzer Zeit durchgeführt.
- Aspiration ist verhindert.
- Infektionen der Atmungsorgane sind verhindert.
- Eine Keimverschleppung auf Pflegekräfte oder andere Bewohner ist vermieden.
3. Mögliche Komplikationen
- Sauerstoffmangel
- Stimmritzenkrampf in Folge einer Reizung des Kehlkopfes (krampfartige Kontraktion der Kehlkopfmuskulatur mit Einengung der Glottis)
- Erbrechen des Bewohners
- Blutungen in der Luftröhre
- Verletzungen der Rachenhinterwand
- Verletzungen der Schleimhaut
- Bradykardie
4. Grundsätze
- Das Absaugen bedarf einer ärztlichen Verordnung.
- Der Bewohner muss dem Absaugen zustimmen.
- Abgesaugt wird, soweit vom Arzt nicht anders angeordnet:
- bei Anzeichen von Sekret in den Atemwegen, also etwa bei hörbarem "Rasseln"
- nach allen Maßnahmen, die zu einer Loslösung von Sekret führen, also etwa nach Inhalationen usw.
- Das Absaugen wird nur von Pflegefachkräften durchgeführt. Zusätzlich sollte eine zweite Pflegekraft beim Absaugen assistieren. Sie kann zudem beruhigend auf den Bewohner einwirken.
- Jeder Absaugvorgang muss zügig erfolgen, als Richtwert sind maximal 15 Sekunden zugrunde gelegt.
- Bewohner, die sich in der letzten Phase Ihres Lebens befinden, werden nicht abgesaugt.
5. Vorbereitung
- Der Bewohner sowie ggf. seine Angehörigen werden über den Zweck des Absaugens sowie über die Konsequenzen, wenn das Absaugen unterlassen wird, informiert.
- Die Pflegefachkraft trifft Vorbereitungen zum Infektionsschutz:
- Schutzhandschuhe werden bereitgelegt
- Schutzkleidung für die Pflegefachkraft wird angelegt, ggf. inkl. Mund-Nasen-Schutz, Kopfhaube und Schutzbrille z.B. bei MRSA-Besiedelung im Nasen-Rachenraum.
- Material vorbereiten:
- Absauggerät:
- Katheter mit Fingertip und Absaugschlauch verbinden
- Schutzkappe entfernen
- Den darunterliegenden blauen Haupthahn öffnen
- Das mit „A“ gekennzeichnete Absaugventil öffnen
- Wasser
- Sekretglas mit Wasser und Desinfektionsmittel
- mehrere steril verpackte Einmalabsaugkatheter
- Zwischenstück Fingertip
- Utensilien zur Mund- und Nasenpflege
- Abfallbeutel
- Nierenschale und Taschentücher
- Handtücher als Bekleidungs- und Bettschutz
- Taschenlampe
- Behälter zum Aufnehmen einer Zahnprothese
- Absauggerät:
- Zusätzlich werden folgende Maßnahmen getroffen:
- Das Zimmer wird ggf. gelüftet und danach auf eine angenehme Raumtemperatur beheizt.
- Ein von beiden Seiten freier Zugang zum Bett wird ermöglicht.
- Es werden Maßnahmen zur Wahrung der Intimsphäre getroffen.
- Der Bewohner wird in eine Oberkörperhochlagerung gebracht.
- Eine ggf. vorhandene Zahnprothese wird entfernt.
- Der Oberkörper und das Bett werden zum Schutz mit Handtüchern abgedeckt.
- Das Absauggerät wird auf Funktionsfähigkeit überprüft.
6. Durchführung
- Die Pflegefachkraft informiert den Bewohner über die Maßnahme.
- Die Pflegefachkraft führt eine hygienische Händedesinfektion durch und zieht Schutzhandschuhe an.
- Jeder Absaugkatheter wird noch in der sterilen Verpackung überprüft. Es muss sichergestellt sein, dass er nicht fehlerhaft oder beschädigt ist. Durch Beschädigungen oder Verformungen können sich scharfe Spitzen bilden.
- Die Verpackung wird geöffnet und der Katheter mit dem Absaugsystem verbunden. Dabei verbleibt das längste Stück des Katheters in der Verpackung. Die vordere Hälfte des Katheters muss nach dem Öffnen so steril wie möglich bleiben. Falls die Spitze des Katheters versehentlich mit einem nicht sterilen Gegenstand oder mit einer anderen Oberfläche in Kontakt kommt, muss der Katheter entsorgt werden.
- Der Katheter wird vollständig aus der Verpackung genommen.
- Der Fingertip ist offen, um einen Sog zu verhindern. Der Absaugkatheter wird eingeführt.
- Richtmaß für die maximale Einführtiefe ist der Abstand zwischen Ohrläppchen und Nasenspitze.
- Sobald der Katheter die gewünschte Stelle erreicht hat, wird der Fingertip verschlossen und so ein Sog erzeugt.
- Falls sich der Katheter an der Schleimhaut festsaugt, kann durch rhythmisches Öffnen und Schließen des Fingertips ein intermittierender Sog erzeugt werden.
- Ist der Katheter verstopft, etwa durch Nahrungsbrocken, wird der Fremdkörper unter Sog mit dem Absaugkatheter aus dem Mund heraus gezogen und der Katheter entsorgt.
- Der Katheter wird nie mit Gewalt vorgeschoben. Es besteht sonst die Gefahr, den Bewohner zu verletzen.
- Unter einer gleichmäßigen Drehbewegung wird der Absaugkatheter nun zurückgezogen und um die Führungshand gewickelt.
- Der Handschuh der Führungshand wird über den benutzten und um die Hand gewickelten Katheter gestülpt und entsorgt.
7. Nachbereitung
- Der Absaugschlauch wird mit Wasser gespült.
- Es wird geprüft, ob ein weiteres Absaugen notwendig ist. In diesem Fall wird ein neuer Katheter aufgesteckt. Dem Bewohner wird bis zum nächsten Absaugen eine ausreichende Pause gelassen.
- Die Pflegekraft kontrolliert das Befinden des Bewohners.
- Beim Bewohner wird eine Mundpflege und ggf. Nasenpflege durchgeführt.
- Die Pflegekraft führt eine hygienische Händedesinfektion durch.
- Das Sekretsammelgefäß wird falls nötig entleert und ebenso wie das Zwischenstück gereinigt und desinfiziert. Ggf. wird der Bakterienfilter erneuert.
- Falls das Absauggerät an diesem Tag nicht mehr benötigt wird, erfolgt eine Reinigung des Gerätes.
- Bei möglicherweise bedrohlichen Zustandsveränderungen wird umgehend ein Arzt gerufen.
Link zum Video Nasales Absaugen
8. Dokumentation
Das orale Absaugen wird in der Pflegeprozessplanung beim Themenfeld Selbstversorgung beschreiben. Die Individuelle Vorgehensweise zum oralen Absaugen wird in der Pflegekarte/Maßnahmenplan erfasst. Abweichungen zur Pflegeprozessplanung oder zur Maßnahmenplanung werden im Pflegebericht dokumentiert.